Weder Galaxien noch Sterne sind unveränderliche Objekte im Universum. Galaxien beispielsweise verändern ihre Struktur im Lauf der Zeit, und kleine Galaxien können zu großen Galaxien verschmelzen. Auf diese Weise können beispielsweise im Zentrum der großen Super-Galaxienhaufen gigantische elliptische Galaxien entstehen, so wie wir das im letzten Kapitel beim Virgo-Haufen gesehen haben.
Auch Sterne verändern sich: Sie werden aus kontrahierenden Gaswolken geboren, verdichten sich, beginnen zu leuchten, verbrauchen im Lauf der Zeit dabei ihren Brennstoff und enden schließlich als weißer Zwerg oder in einer gigantischen Supernova-Explosion als Neutronenstern oder gar als schwarzes Loch. Dabei tun sie etwas sehr Wichtiges, das dem Urknall nicht gelungen ist: Sie erzeugen praktisch alle chemischen Elemente jenseits von Wasserstoff und Helium, beispielsweise die Elemente Kohlenstoff, Sauerstoff, Silicium oder Eisen, ohne die unsere Erde nicht existieren würde. Wir wollen uns daher den Lebenszyklus der Sterne in diesem Kapitel genauer ansehen.
Beginnen wir mit einigen Beobachtungen am Sternenhimmel, die uns das Entstehen und Vergehen der Sterne vor Augen führen:
Offene Sternhaufen: die Plejaden
Sterne entstehen normalerweise in größeren Gruppen aus einer kollabierenden Gas- und Staubwolke. Auch heute noch entstehen in der Scheibe der Milchstraße auf diese Weise neue Sterngruppen. Man bezeichnet sie als offene Sternhaufen. Ein Beispiel für einen solchen offenen Sternhaufen sind die Plejaden (Siebengestirn), eine Gruppe von Sternen, die man auch mit bloßem Auge von Mitte September bis Ende April gut am Nachthimmel bei uns erkennen kann! Ohne optische Instrumente erkennt man etwa 5 bis 7 Sterne, die sich für unser Auge auf einem Himmelsbereich von etwa vierfacher Mondausdehnung zusammendrängen.
Das noch recht geringe Alter der Plejaden von nur etwa 125 Millionen Jahren führt dazu, dass auch die massereichen Sterne
noch zu sehen sind.
Diese Sterne verbrauchen aufgrund ihrer hohen Masse ihren Brennstoff besonders schnell
und sind deshalb besonders heiß und hell, aber auch nur sehr kurzlebig im Vergleich zu anderen Sternen
(Details siehe weiter unten).
Der hellste Stern der Plejaden, Alkione, hat beispielsweise mit einer Masse von etwa 7 Sonnenmassen
und dem achtfachen Sonnenradius
die 700-fache Leuchtkraft
der Sonne sowie eine Oberflächentemperatur von
etwa 13 000 Kelvin (also etwa die doppelte Temperatur unserer Sonne).
Rote und blaue Riesensterne, Gas- und Staubwolken im Sternbild Orion:
Das Beispiel von Alkione, dem hellsten Stern der Plejaden, macht deutlich, dass Sterne sehr verschieden von unserer Sonne sein können. Schauen wir uns ein weiteres Beispiel an: das Sternbild Orion, das nicht allzu weit weg von den Plejaden am Himmel zu sehen ist.
Orion ist mit seinen drei Gürtelsternen sicher das auffälligste Sternbild am Himmel. In klaren Winternächten ist es meist deutlich in Richtung Süden am Himmel zu sehen. Und wenn man genau hinschaut, kann man sogar mit bloßem Auge erkennen, dass die Sterne farbig sind! Links oben im Sternbild befindet sich ein rötlich leuchtender Stern (er heißt Beteigeuze oder auch Betelgeuse bzw. α Orionis ), rechts unten dagegen leuchtet ein bläulicher Stern (er heißt Rigel oder auch β Orionis ). Durch den direkten Vergleich dieser beiden Sterne fallen die unterschiedlichen Farben besonders auf.
Rigel (der bläuliche Stern rechts unten) ist der hellste Stern des Orion-Sternbildes und zugleich der siebthellste des Himmels. Er ist ein sogenannter blauer Überriese, ähnlich wie der Plejaden-Stern Alkione (siehe oben), nur noch massereicher und heller. Seine Leuchtkraft beträgt etwa die 50 000 -fache Leuchtkraft der Sonne (die Angaben in der Literatur schwanken hier ein wenig). Damit ist er mit Abstand der hellste Stern in unserer Region der Milchstraße! Seine Oberflächentemperatur beträgt 11 000 Kelvin, d.h. er ist etwa doppelt so heiß wie die Sonne. Mit einer ursprünglichen Masse von mehr als 17 Sonnenmassen liegt Rigel bereits im Sterben und wird in einigen Millionen Jahren in einer Supernova explodieren (siehe Wikipedia sowie http://www.extrasolar-planets.com/astronomie/rigel.php ).
Beteigeuze (der rötliche Stern links oben) ist nur etwa halb so weit von uns entfernt wie Rigel. Er ist ein roter Riesenstern, etwa 800 mal so groß wie unsere Sonne und etwa zehntausend mal so hell. Seine Masse beträgt etwa 20 Sonnenmassen (also sogar noch etwas mehr als der blaue Überriese Rigel). Aufgrund der enormen räumlichen Ausdehnung beträgt die Oberflächentemperatur von Beteigeuze nur etwa 3600 Kelvin, also etwas mehr als halb so viel wie unsere Sonne. Aufgrund dieser enormen Größe ist Beteigeuze der einzige Stern, der von der Erde aus mit derzeitiger Teleskoptechnik als Fläche sichtbar ist:
Neben dem blauen Riesenstern Rigel und dem roten Riesenstern Beteigeuze hat das Orionsternbild noch wesentlich mehr zu bieten, wie das folgende Infrarotbild rechts zeigt:
Der Orionnebel (die hellste Stelle im obigen Bild rechts) ist eines der aktivsten Sternentstehungsgebiete in der Nähe unserer Sonne. Hier befinden sich Gas- und Staubwolken, die auch heute noch zu neuen Sternen kollabieren. Die Entfernung von unserem Sonnensystem beträgt etwa 1500 Lichtjahre, der Durchmesser etwa 25 Lichtjahre. Im Grunde stellt der Orionnebel die leuchtende Spitze eines enormen Wolkenkomplexes aus Gas und Staub dar, der sich von uns weg erstreckt und das gesamte Sternbild durchzieht. Allerdings leuchten im sichtbaren Licht nur bestimmte Teile dieses Wolkenkomplexes wie z.B. der Orionnebel oder der Hintergrund des berühmten Pferdekopfnebels bei NGC 2024, andere dagegen sind optisch dunkel (sie leuchten allerdings im infraroten Licht, das anders als sichtbares Licht die dichten Staubwolken durchdringen kann). Der Pferdekopfnebel befindet sich direkt unterhalb des linken Orion-Gürtelsterns Alnitak. Er gehört zu einer lichtundurchlässigen dunklen Staubwolke, die man in der unteren Hälfte im folgenden Bild erkennen kann:
Supernovae und Neutronensterne: der Krebsnebel
Auch für das Ende von Sternen findet man Beispiele am Himmel. Am bekanntesten ist sicher der 6.300 Lichtjahre entfernte Krebsnebel M1 im Sternbild Stier:
Der Krebsnebel ist der Überrest einer Supernova, die nach chinesischen und japanischen Quellen vermutlich
vor fast 1000 Jahren (am 4. Juli im Jahre 1054) explodiert ist.
Für einige Wochen muss diese Supernova fast so hell wie der Vollmond
gewesen sein. Sie war selbst bei Tageslicht am Himmel sichtbar,
bevor sie langsam verblasste.
Die Überreste dehnen sich noch heute mit ungefähr 1800 Kilometer pro Sekunde aus
und haben mittlerweile eine Ausdehnung von etwa 10 Lichtjahren.
An der Position des ehemaligen Sterns befindet sich heute ein Pulsar. Dieser Pulsar ist der kollabierte Kern des explodierten Sterns. Er ist ein schnell rotierender extrem dichter Neutronenstern: in einem Volumen von 30 km Durchmesser konzentriert sich mehr Masse als die der Sonne. Der Neutronenstern rotiert mit etwa 30 Umdrehungen in der Sekunde.
Große und kleine Sterne in der Umgebung der Sonne:
Natürlich gibt es neben solchen spektakulären Objekten am Himmel noch eine große Fülle weitgehend unauffälliger Sterne, so wie unsere Sonne einer ist. Versuchen wir, einen Eindruck davon zu gewinnen, indem wir uns einfach die Sterne ansehen, die der Sonne am nächsten stehen. Einen Überblick über die direkte Umgebung unserer Sonne gibt das folgende Bild:
Der Sonne am nächsten sind (nach wachsender Entfernung geordnet; wir beginnen mit der Sonne selbst;
siehe auch
http://jumk.de/astronomie/sterne/index.shtml ):
Offenbar kommen Sterne nicht nur einzeln, sondern auch oft in Form von Doppel- oder Mehrfachsternen vor,
bei dem sich 2 oder mehr Sterne gegenseitig umkreisen. Es gibt viele unterschiedliche Sterntypen.
Manche sind heißer, heller und größer als die Sonne wie beispielsweise Sirius A
oder weiter oben der Plejadenstern Alkione oder noch extremer der blaue Überriese Rigel
aus dem Sternbild Orion.
Viele Sterne sind aber auch kälter, kleiner und leuchtschwächer als die Sonne.
Der Blick in die nähere Umgebung oben zeigt, dass diese roten Zwergsterne offenbar recht häufig
zu sein scheinen. Im Umkreis von 20 Lichtjahren findet man (siehe
An Atlas of the Universe von Richard Powell,
http://www.anzwers.org/free/universe/index.html,
darin Stars within 20 light years ):
Wie man sieht, kommen die Sterntypen umso häufiger vor, je kleiner und kälter sie sind. Rote Zwerge (K- und M-Sterne) sind am häufigsten, sehr heiße helle Sterne am seltensten. Sehr helle heiße Sterne wie Rigel im Sternbild Orion oder der Plejadenstern Alkione sind also eher die Ausnahme, die allerdings aufgrund ihrer hohen Leuchtkraft noch über weite Entfernungen sichtbar sind. Daher gehören recht viele der am Himmel sichtbaren Sterne zu dieser eher seltenen Sternengruppe, während die kleineren kälteren Sterne sehr nahe sein müssen, um noch sichtbar zu sein.
Regelmäßigkeiten für Sterne, die im Zentrum Wasserstoff zu Helium fusionieren (der Normalfall):
Für die meisten (aber nicht alle) Sterne gilt:
Diese Regel gilt für Sterne, in deren Zentrum Wasserstoff zu Helium fusioniert -- das ist der Normalfall. Sie gilt nicht für weiße oder braune Zwerge oder für rote Riesen wie den Orionstern Beteigeuze. Auf diese Sterne gehen wir weiter unten noch genauer ein.
Im Detail findet man, dass die Leuchtkraft L eines Sterns, in dem Wasserstoff zu Helium fusioniert, etwa proportional zur dritten Potenz der Sternmasse M zunimmt:
L ∼ M3
Das nennt man die Masse-Leuchtkraft-Beziehung. Sie hat ihre Ursache darin, dass ein Stern ein sich selbst regelnder Kernfusionsreaktor ist. Dabei verdichtet sich der Stern so lange, bis die Temperatur in seinem Inneren ausreicht, um eine genügend starke Kernfusion in Gang zu setzen, die eine weitere Kontraktion des Sternes verhindert. Da bei schweren Sternen die Gravitation stärker ist, wird auch eine höhere Energieerzeugung benötigt, um den Stern zu stabilisieren.
Da die Energieerzeugung schneller ansteigt als der Brennstoffvorrat, ist auch klar, dass massereiche Sterne nicht so lange leben wie massearme Sterne. Die Lebensdauer fällt ungefähr quadratisch mit der Sternmasse ab. Massereiche Sterne haben mit nur einigen 10 Millionen Jahren daher nur ein recht kurzes Leben, verglichen mit dem Alter des Universums. Das ist für die Entstehung der schwereren chemischen Elemente und deren Verteilung sehr wichtig.
Was geschieht nun, wenn wir in einem sogenannten Hertzsprung-Russell-Diagramm die Oberflächentemperatur auf der x-Achse und die Leuchtkraft auf der y-Achse eintragen und so für jeden Stern einen Punkt in diesem Diagramm einzeichnen? Es zeigt sich, dass Sterne, die Wasserstoff zu Helium fusionieren, im Hertzsprung-Russell-Diagramm eine Linie (die sogenannte Hauptreihe) von kühleren, leuchtschwachen Sternen zu immer heißeren, helleren Sternen bilden:
Dabei ist die Hauptreihe nicht genz scharf, sondern sie besitzt eine gewisse Breite.
Das hängt damit zusammen, dass Hauptreihensterne
bei zunehmendem Alter heißer und heller werden -- auch unsere Sonne!
Neben den Hauptreihensternen gibt es aber auch noch andere Sterne im
Hertzsprung-Russell-Diagramm. Unten links finden wir die heißen, aber leuchtschwachen
weißen Zwerge wie beispielsweise den Sirius-Begleitstern Sirius B.
Oben rechts befinden sich die relativ kühlen, aber trotzdem leuchtstarken roten Riesen
wie beispielsweise den rötlichen Orion-Stern Beteigeuze.
Die Ursache für die Existenz dieser Sterne neben der Hauptreihe wird klar, wenn man
sich den Lebenszyklus der Sterne ansieht.
Aufbau und Entwicklung der Sterne:
Geburt der Sterne:
Die Sternentstehung beginnt mit einer oder mehreren kontrahierenden Gaswolken. Es bilden sich dabei mehrere Verdichtungszentren aus, die sich schließlich jeweils bis zu Sternen weiter verdichten. Sterne bilden sich also zumeist nicht einzeln, sondern aus einer größeren Wolke entstehen fast gleichzeitig mehrere Sterne verschiedener Größe. Selbst heute ist in der Scheibe der Milchstraße noch genug Gas vorhanden, so dass immer noch neue Sterne entstehen können.
Die kontrahierenden Wolken, aus denen schließlich Sterne entstehen, können eine unterschiedliche Größe und Masse besitzen. Dabei entstehen kleinere Sterne sehr viel häufiger als große Sterne. Manchmal entstehen aber auch sehr massereiche Sterne. Das bekannteste Beispiel ist der Monsterstern η Carinae, der etwa 100 bis 150 Sonnenmassen aufweist und der in etwa 7.000 bis 10.000 Lichtjahren Entfernung innerhalb eines riesigen Gaswolkenkomplexes liegt.
Bei der Kontraktion der Gaswolke entsteht zunächst ein sogenannter Protostern. Der Gasdruck in diesem Protostern verhindert zunächst ein weiteres Kollabieren des Sterns. Allerdings zieht der Protostern weiterhin Gas aus seiner Umgebung an. Die dabei frei werdende Gravitationsenergie heizt ihn immer weiter auf. Seine Masse, seine Temperatur und der Druck in seinem Inneren nehmen ständig weiter zu. In dieser frühen Phase bezeichnet man diese jungen Sterne auch als T-Tauri-Sterne.
Nach einigen Millionen Jahren sind Temperatur und Druck in seinem Inneren schließlich
groß genug, so dass die Fusion von Wasserstoffkernen (Protonen) zu Heliumkernen startet
(dafür ist allerdings eine Minimalmasse von mindestens 0.08 Sonnenmassen und eine
Minimaltemperatur im Inneren von 3 Millionen Kelvin notwendig).
Der Stern hat damit seine Haupt-Energiequelle angezapft, die ihn von nun an
am Himmel leuchten lässt. Er heizt sich auf und bläst das übrige Gas in seiner Umgebung weg,
so dass seine Masse von nun an nicht weiter zunimmt.
Protosterne, die weniger als 0,08 Sonnenmassen (das sind 75 Jupitermassen) erreichen, schaffen es allerdings nie, die Kernfusion in ihrem Inneren zu zünden. Man bezeichnet solche Objekte als braune Zwerge (brown dwarfs) -- sie sind gleichsam vergrößerte, noch heiße Versionen des Gasplaneten Jupiter.
Das Hauptreihenstadium (Wasserstoff-Fusion):
Zurück zu den Sternen mit genügend Masse, um die Wasserstoff-Kernfusion zu zünden: Allgemein stellt sich bei Hauptreihensternen ein weitgehend stabiler Zustand ein: Reicht die Wasserstoff-Kernfusion nicht aus, so kontrahiert der Stern ein wenig und heizt sein Inneres aufgrund der freiwerdenden Gravitationsenergie etwas weiter auf (die Gravitation auf der Sonnenoberfläche ist beispielsweise 28 mal so stark wie auf der Erdoberfläche, d.h. bereits eine leichte Kontraktion des Sterns erzeugt sehr viel Energie). Die Temperaturerhöhung bewirkt ein starkes Ansteigen der Kernfusion im Sternzentrum. Dadurch kann der Stern seine innere Temperatur und seine Energieerzeugungsrate sehr schnell genügend steigern, um eine weitere Kontraktion aufzuhalten. Schauen wir uns die Struktur von Hauptreihensternen etwas genauer an:
Die Energieerzeugung durch Kernfusion von Wasserstoff zu Helium findet nur im heißen Zentralbereich des Sterns statt. Die erzeugte Energie muss daher vom Zentralbereich bis zur Sternoberfläche transportiert werden, wo sie dann in den Weltraum abgestrahlt wird. Dafür gibt es im Wesentlichen zwei Möglichkeiten: Strahlungstransport und Konvektion. Bei massereichen Sternen ist die Bedingung für Konvektion (gelber Bereich oben) nur im Sterninneren erfüllt, bei Sternen wie der Sonne dagegen nur im Außenbereich, und bei massearmen Sternen im kompletten Stern. Daher kommt es, dass wir auf der Sonnenoberfläche das Brodeln der auf- und absteigenden Sonnenmaterie sehen können.
Mittlerweile ist ungefähr die Hälfte des Wasserstoffvorrats im Sonnenzentrum bereits verbraucht. Unsere Sonne hat also rund die Hälfte ihrer Zeit auf der Hauptreihe bereits hinter sich.
Die abnehmende Dichte von Wasserstoff und die zunehmende Dichte von Helium im Sternzentrum bewirkt, dass sich die Struktur des Sterns im Lauf der Zeit verändert. Sein Radius und seine Leuchtkraft nehmen zu! So hat sich die Leuchtkraft der Sonne seit ihrer Entstehung vor knapp 5 Milliarden Jahren um etwa 40 % erhöht, und ihr Radius ist um etwa 5 % gewachsen. Die Sonne wird also langsam heller und größer!
Wasserstoff-Schalenbrennen und rote Riesen:
Wenn der Wasserstoffvorrat im Sternzentrum zur Neige geht, so kontrahiert das Sternzentrum und seine Temperatur steigt, bis die Fusion des Wasserstoffs am Rande des Heliumzentrums einsetzt. Man spricht vom Wasserstoff-Schalenbrennen. Diese neue Fusionszone bildet nun die Energiequelle des Sterns. Dabei wird sehr viel mehr Energie erzeugt als zuvor, sodass sich die äußeren Sternschichten sich zunehmend aufblähen. Der Stern verwandelt sich in einen roten Riesen. Im Hertzsprung-Russell-Diagramm finden wir die leuchtstarken, aber relativ kühlen roten Riesen rechts oben.
Heliumfusion und Sterne auf dem Horizontalast:
Wie geht es nun weiter mit einem roten Riesen? Zunächst frisst sich die Wasserstoff-Fusionsschale langsam nach außen und hinterlässt dabei innen immer mehr Helium. Der Heliumkern wächst also an und wird immer massiver. Da in seinem Inneren eine Energiequelle fehlt, kontrahiert er unter dem Einfluss der Schwerkraft und wird dabei immer dichter und heißer. Kann vielleicht irgendwann auch das Helium im Zentrum zu schwereren Atomkernen fusionieren?
Für die Fusion von Heliumkernen ist ein sehr großer Druck und eine sehr viel höhere Temperatur erforderlich als für die Wasserstoff-Fusion: 100 Millionen Kelvin!. Erschwerend kommt hinzu, dass 2 Heliumkerne überhaupt nicht zu einem stabilen Atomkern fusionieren können. Es müssen drei Heliumkerne fast gleichzeitig zusammentreffen, um zu einem Kohlenstoff-12-Kern zu fusionieren. Da Heliumkerne auch Alphateilchen genannt werden, spricht man vom Drei-Alpha-Prozess.
Beim Drei-Alpha-Prozess fusionieren
drei Heliumkerne zu einem Kohlenstoffkern.
Dabei verbinden sich zunächst zwei Heliumkerne zu einem Berylliumkern.
Da dieser aber kurz danach wieder zerfällt (Halbwertszeit nur 2,6 * 10− 16 sec),
muss der dritte Heliumkern in dieser sehr kurzen Zeit hinzukommen und den Kohlenstoffkern bilden.
Quelle:
Wikimedia Commons File:Triple-Alpha Process.png,
dort lizenziert unter der
Creative Commons-Lizenz Attribution ShareAlike 2.5.
Die Temperatur von 100 Millionen Kelvin im Heliumzentrum kann nur bei Sternen mit mindestens 1/3 Sonnenmasse erreicht werden. Bei weniger als 1/3 Sonnenmasse erlischt schließlich die Wasserstoff-Fusion und der Stern verwandelt sich in einen weißen Zwerg (siehe unten). Da aber Sterne mit weniger als 1/3 Sonnenmasse mit ihrem Wasserstoff-Vorrat sehr sparsam umgehen, ist bis heute noch keiner dieser massearmen Sterne wirklich erloschen -- das Universum ist einfach noch nicht alt genug dafür!
Bei roten Riesen mit mehr als 1/3 Sonnenmasse zündet im Zentrum schließlich die Heliumfusion, bei der Helium zu Kohlenstoff fusioniert. Seine Oberflächentemperatur steigt deutlich an, wobei es allerdings auch schrumpft, so dass seine Leuchtkraft konstant bleibt oder leicht abnimmt. Man spricht auch von Sternen auf dem Horizontalast. Bei dieser Veränderung der Temperatur und der Sterngröße auf dem Weg zum Horizontalast-Stern beginnt der Stern für eine gewisse Zeit, zu pulsieren. Seine Leuchtkraft ändert sich in einem gewissen Rhytmus mit Perioden von Stunden bis mehreren Tagen, wobei die Periodenlänge von der Leuchtkraft des Sterns abhängt. Die sehr hellen pulsierenden Sterne nennt man Cepheiden, die weniger hellen nennt man RR-Lyrae-Sterne. Man spricht auch vom sogenannten Instabilitätsstreifen im Hertzsprung-Russel-Diagramm. Die Cepheiden kann man sehr gut zur Entfernungsbestimmung verwenden, denn sie sind sehr leuchtstark und daher auch in größeren Entfernungen gut zu beobachten, und aus ihrer Pulsationsfrequenz lässt sich ihre Leuchtkraft berechnen, so dass man aufgrund ihrer scheinbaren Helligkeit am Himmel ermitteln kann, wie weit sie entfernt sind.
Höhere Fusionsstadien und planetarische Nebel:
Nach nur einigen 10 bis 100 Millionen Jahren (je nach Sternmasse) ist auch das Helium im Zentrum verbraucht und in Kohlenstoff und Sauerstoff umgewandelt. Es bildet sich eine Helium-Fusionsschale zwischen dem Zentrum und der Wasserstoff-Fusionsschale. Das Kohlenstoff-Sauerstoff-Sternzentrum kontrahiert bis auf nur noch Erd-Größe und entartet, d.h. das Pauli-Prinzip verhindert eine weitere Kontraktion. Die äußeren Sternhüllen blähen sich dagegen wieder stark auf und kühlen ab, wie zuvor beim Roten-Riesen-Stadium. Ein erheblicher Teil der gesamten Sternmasse konzentriert sich im sehr kompakten Sternzentrum mit einem Durchmesser von nur etwa 10.000 km.
Meist entsteht ein starker Sternwind, der große Teile der äußeren, nur noch schwach gravitativ gebundenen Sternhüllen in den Weltraum hinaus bläst. Der Stern verschwindet in einer Gas- und Staubwolke. die man auch als planetarischen Nebel bezeichnet, wobei dieser Name historisch bedingt ist und nichts mit Planeten zu tun hat.
Bei massereiche Sternen oberhalb etwa 2 Sonnenmassen heizt sich das Zentrum sogar so weit auf,
dass in mehreren Fusionsschalen
auch schwerere Elemente wie Neon, Magnesium, Silikon und Eisen entstehen können.
Dabei entsteht umso weniger Fusionsenergie, je schwererer die fusionierenden Kerne
sind. Die Fusion von Kohlenstoff zu Neon reicht beispielsweise nur noch für etwa 500 Jahre
Energieerzeugung, die von Silikon zu Eisen reicht nur noch für einen Tag.
Bei Eisen ist dann endgültig Schluss, denn Eisen ist der stabilste Atomkern.
Daher bleibt bei extrem schweren Sternen zum Schluss
ein Eisen-Sternzentrum übrig, in dem keine weitere Energiegewinnung durch
Fusion mehr stattfinden kann.
Mittlere Bindungsenergie in MeV pro Nukleon (Proton oder Neutron) bei den verschiedenen
Atomkernen, die entlang der x-Achse nach aufsteigender Massenzahl (Anzahl der Nukleonen)
aufgelistet sind. Die maximale Bindungsenergie hat Eisen (Fe).
Energie kann entweder durch die Spaltung schwererer Kerne (z.B. Uran oder Plutonium)
oder durch die Fusion leichterer Kerne gewonnen werden.
Quelle:
Wikimedia Commons File:Binding energy curve - common isotopes.svg, dort Public Domain.
Das Ende der Kernfusion: Supernova-Explosionen, Neutronensterne, weiße Zwerge und schwarze Löcher:
Bei Sternen mit Anfangsmassen von mehr als 8 Sonnenmassen übersteigt die Masse des übrig gebliebenen Sternzentrums nach dem Ende der Fusionsprozesse zumeist die kritische Grenze von 1,44 Sonnenmassen (die sogenannte Chandrasekhar-Grenzmasse). Die unglaublich starke Gravitation drückt dann die Elektronen gleichsam in die Protonen hinein, sodass Neutronen entstehen. Dadurch kollabiert das Sternzentrum in weniger als einer Sekunde zu einem winzigen, nur noch etwa 10 bis 50 Kilometer großen Neutronenstern, was enorme Energiemengen freisetzt.
Bei der Bildung des Neutronensterns entsteht pro neu gebildetem Neutron ein Neutrino, das nach außen entweicht. Dieser sehr starke Neutrinofluss trägt den größten Teil der Energie des kollabierten Sternzentrums mit sich fort. Neutrinos sind gleichsam Geisterteilchen, die kaum mit anderer Materie wechselwirken. Materie ist für Neutrinos normalerweise weitgehend transparent. Allerdings ist die auf das kollabierte Sternzentrum hinabfallende Sternmaterie im Inneren der Supernova so dicht, dass ein Teil der Neutrinos von dieser eingefangen wird. So treiben die Neutrinos eine nach außen laufende Schockwelle an und heizen die Sternmaterie auf.
Nach einigen Stunden erreicht diese Schockwelle die Sternoberfläche. Die äußeren Sternhüllen werden dadurch mit einigen 1000 Kilometern pro Sekunde nach außen weggesprengt. Man bezeichnet diese Sternexplosion als thermonukleare Supernova (auch Typ II genannt). Dabei leuchtet der Stern für einige Tage heller als eine gesamte Galaxie. Im Durchschnitt ereignet sich in einer Galaxie etwa alle 100 Jahre eine Supernova.
Im Jahr 1987 explodierte eine Supernova (genannt SN1987A ) in unserer Nachbargalaxie, der Großen Magellanschen Wolke, etwa 150 000 Lichtjahre entfernt -- ein Ereignis, das sogar zu den Top-Nachrichten in den Medien gehörte! Trotz dieser Entfernung war diese Supernova mit bloßem Auge viele Wochen am Himmel sichtbar. Und: Bei dieser Supernova konnten auf der Erde erstmals 12 der entstandenen Supernova-Neutrinos nachgewiesen werden!
Links: Der Überrest der Supernova SN1987A von 1987 in der Großen Magellanschen Wolke.
Quelle: Wikimedia Commons File:Supernova1987A.jpg,
Quelle dort: NASA (Hubble Space Telescope), demnach gemeinfrei.
Rechts: Die Supernova SN1994D von 1994 in der Galaxie NGC4526 (der helle Punkt links unten im Bild ist die Supernova).
Quelle: Wikimedia Commons File:SN1994D.jpg,
Quelle dort:
http://www.spacetelescope.org/images/html/opo9919i.html,
Credit: NASA/ESA, The Hubble Key Project Team, and The High-Z Supernova Search Team,
Copyright-Info, demnach
lizensiert nach Creative Commons Attribution 3.0 Unported.
Nur in einer Supernova können die schweren Elemente jenseits von Eisen entstehen.
Dabei werden die Neutronenschauer, die das kollabierende Sternzentrum ausschüttet,
von den Atomkernen in der explodierenden Sternhülle eingefangen.
Entsprechend selten sind diese schweren Elemente im Universum.
Eisen dagegen kommt relativ häufig vor (allerdings auch viel seltener als Wasserstoff oder Helium).
Schließlich bildet Eisen das Endstadium von Fusionsprozessen in massereichen Sternen.
Auch Kohlenstoff oder Sauerstoff sind recht häufig, da sie bei weniger massereichen Sternen
am Ende der Fusionsprozesse übrig bleiben.
Solange die Masse des Neutronensterns die Grenze von 3 Sonnenmassen nicht übersteigt, reicht der sogenannte Entartungsdruck der Neutronen noch aus, einen weiteren Kollaps zu verhindern. Überschreitet die Masse des kollabierenden Sternzentrums diese Schwelle, so reicht auch der Entartungsdruck der Neutronen nicht aus, den Kollaps aufzuhalten. Es ist überhaupt kein physikalischer Mechanismus bekannt, der dazu noch in der Lage wäre. Man geht daher davon aus, dass ein solcher Sternzentrum zu einem schwarzen Loch kollabiert.
Eine Supernovaexplosion eines extrem massereichen Sterns
(auch
Hypernova genannt)
könnte möglicherweise einen sogenannten
Gammablitz
auslösen, wie sie unsere Erde selbst aus den entferntesten Teilen des Universums
etwa einmal täglich erreichen.
Dabei fällt der Kern des Sterns direkt zu einem Schwarzen Loch zusammen
und zwei extrem energiereiche Gas-Jets werden an den beiden Polen des Sterns
mit nahezu Lichtgeschwindigkeit hinausgeschleudert.
Diese Jets emittieren wie ein Leuchtturm starke
gebündelte, extrem energiereiche Gammastrahlung.
Vielleicht endet der Stern η Carinae (siehe oben) innerhalb der
nächsten 20.000 Jahre als Hypernova.
Sterne mit Anfangsmassen von weniger als etwa 8 Sonnenmassen verlieren durch den Sternenwind normalerweise soviel Masse, dass das übrig bleibende Sternzentrum weniger als 1,44 Sonnenmassen (Chandrasekhar-Grenzmasse) aufweist. Die Gravitation reicht dann nicht aus, um die Elektronen in die Protonen zu drücken und einen Neutronenstern zu erzeugen. Am Ende der Fusionsprozesse bleibt dann nach Wegblasen der Sternhüllen ein nacktes sehr heißes Sternzentrum übrig, das meist aus Helium, Kohlenstoff und Sauerstoff besteht. Man nennt dieses Objekt einen weißen Zwerg. Die Sternmaterie in einem weißen Zwerg ist aufgrund der starken Gravitation entartet, verhält sich also fast wie eine nicht zusammendrückbare, extrem dichte und heiße Flüssigkeit. Die Dichte dieser Sternmaterie erreicht bis zu 10 Millionen Gramm pro Kubikzentimeter, also das 10-Millionenfache der Dichte von Wasser. Ein Liter dieser Sternmaterie wiegt zehntausend Tonnen! Allerdings ist diese Dichte immer noch um das 10-Millionenfache von der extremen Dichte eines Neutronensterns entfernt.
Neue weiße Zwerge besitzen Temperaturen von bis zu 30 000 Kelvin und leuchten daher im bläulichen und im ultravioletten Licht, ähnlich wie ein sehr heißer Blitz. Da weiße Zwerge aber nur etwa noch so groß wie die Erde sind, ist ihre Leuchtkraft nur noch relativ gering. Man findet weiße Zwerge daher unten links im Hertzsprung-Russel-Diagramm. Das ausgestrahlte ultraviolette Licht bringt die weggeblasenen äußeren Sternhüllen zum leuchten -- daher stammen die wunderbaren Farbspiele der planetarischen Nebel in den Bildern weiter oben.
Im Normalfall geschieht mit einem weißen Zwerg nichts Spektakuläres mehr: Da er keine ergiebige Energiequelle mehr hat, kühlt er im Lauf der Zeit immer mehr ab. Da er sehr massereich und zugleich sehr klein ist, dauert diese Abkühlung allerdings viele Milliarden Jahre. Sollt ein weißer Zwerg jedoch von außen Materie zugeführt bekommen, so kann in ihm schließlich eine nukleare Kettenreaktion zünden, bei der Kohlenstoff zu schwereren Elementen fusioniert. Es entsteht eine sogenannte thermonukleare Supernova.
Fassen wir noch einmal das Wichtigste aus diesem Kapitel zusammen:
Literatur zu dem Thema:
last modified on 23. February 2012