Ein neues Zeitalter beginnt vor 444 Millionen Jahren: das Silur. Es endet vor 416 Millionen Jahren. Nach dem Ende der großen Eiszeit des späten Ordoviziums ist es wieder recht warm geworden, und der Wasserstand der Ozeane ist wieder recht hoch. Flache warme Meere überspülen große Teile der Kontinente und lagern Sedimente aus Kalk, Sand und Schlamm ab. Entsprechende Kalksteine findet man heute beispielsweise auf der Ostseeinsel Gotland.
Auch das heutige Nordamerika ist von einem flachen warmen Meer überflutet: der sogenannten Tippecanoe Sea. Hier bilden sich im mittleren Silur ebenfalls große Korallenriffe sowie Sedimente aus Kalkschlamm. So entsteht im Lauf der Zeit eine sehr harte Kalkstein-Dolomit-Schicht. In der Gegend der Niagara-Fälle im Osten Nordamerikas befinden sich heute unter dieser harten Kalkstein-Dolomit-Schicht weichere Schichten aus Kalk, Schiefer, und Sandstein. Diese Schichten entstanden aus schlammigen Ton- und Sandsedimenten, die sich zuvor im flachen Meer des mittleren Silurs und späten Ordoviziums abgelagert haben (z.B. weil sie von Flüssen in das Meer gespült wurden). An den Stellen, an denen die obere harte Kalkstein-Dolomit-Schicht durch die Erosion durchbrochen ist, werden auch die unteren weicheren Schichten schnell abgetragen. Dies ist der grund für die Entstehung der Niagara-Fälle, bei denen das Wasser von der harten oberen Kalkstein-Dolomit-Schicht hinabstürzt in ein Tal, das sich in die darunterliegenden weicheren Gesteinsschichten eingegraben hat.
In der Tierwelt breiten sich im Silur kieferlose Fische sowie die ersten Fische mit Kiefer aus, beispielsweise Panzerfische. Riesige bis zu 2 Meter lange Seeskorpione leben im flachem Meer. Andere verbreitete Tiergruppen sind beispielsweise die Trilobiten und die Conodonten, die wir beide schon seit dem Kambrium kennen, sowie die polypenartigen Graptolithen aus dem Ordovizium. Kopffüßer und Seelilien sind andere weit verbreitete Tiergruppen im Silur.
Die Landpflanzen aus dem Ordovizium entwickeln sich weiter und breiten sich auf den Kontinenten aus,
zumindest in Küstennähe.
Sehr verbreitet sind die blattlosen Pflanzen der Gattung Cooksonia (siehe Bild unten).
Sie besitzen eine Art Stamm und verzweigen sich nach oben. An den Spitzen der Verzweigungen
entstehen Sporen.
Am Ende des Silurs gibt es bereits eine
gut entwickelte Pflanzenwelt an Land, insbesondere kleinere
Ur-Farne und Ur-Bärlappe.
Neben den Pflanzen schaffen es nun auch die ersten Tiere, auf dem Land Fuß zu fassen, beispielswesie. die ersten Spinnentiere und Tausendfüßer (aber noch keine Amphibien).
Prägend für das Silur ist die Entstehung des Kontinents Laurussia:
Man erkennt, wie nahe am Äquator Baltica (das heutige Mittel- und Nordeuropa) sich gegen
Laurentia (das heutige Nordamerika mit Grönland)
schiebt und sich mit diesem zu Laurussia vereint.
Auch das kleine Avalonia,
das sich gegen Ende des Kambriums von Gondwana gelöst hat,
gesellt sich hinzu (Avalonia umfasst Teile von England, Nova Scotia und Mitteleuropa).
Dabei verschwindet der nördliche Teil des Iapetus-Ozeans
und die Sedimente dieses Ozeans falten sich zur Gebirgskette der Kaledoniden auf.
Man spricht von der Kaledonischen Orogenese (Gebirgsbildung)
(Caledonia ist übrigens das lateinische Wort für Schottland).
Im Silur ist die Gebirgskette der Kaledoniden vermutlich so hoch wie das heutige Himalaja-Gebirge.
Heute ist davon nur noch relativ wenig übrig:
Teile der Appalachen im Osten Nordamerikas, die Kaledoniden in Skandinavien
sowie die Berge in Schottland und Grönland. Die
Erosion hat ganze Arbeit geleistet.
Laurussia, das auch als Old Red Kontinent bezeichnet wird, ist im Silur gleichsam das kleinere Gegenstück zum südlichen Großkontinent Gondwana, der das heutige Afrika, Südamerika, Indien, Australien und die Antarktis umfasst (siehe Kapitel 4.1 ). Laurussia und Gondwana werden sich zum Ende des Perms hin zum Superkontinent Pangäa vereinen.
last modified on 03 March 2012